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hut
Acryl auf Papier
23 x 32 cm 2002 |
„DIE WELT NEU ERFINDEN“
C.C. Voss im Gepräch mit T.H.Dahmen
C.C. Voss: Was reizt Sie an der künstlerischen Arbeit?
T.H.Dahmen: Beim Malen oder Zeichnen muss ich jeden Tag die Welt neu erfinden. C.C.V.: Da nehmen Sie sich viel vor. Wie schaffen Sie das? T.H.D.: Ich nehme mir zunächst gar nichts vor. In meinem Kopf muss eine Art gespannte Leere herrschen. Dann erst arbeitet meine Hand schlafwandlerisch und die Bilder entstehen rasch. Was da entsteht, hängt vom Moment ab, von Assoziationen, die aus einer Mischung aus gegenständlichem und bildnerischem Denken kommen. Dabei kommt es mir darauf an, so viel wie möglich geschehen zu lassen und so wenig wie möglich zu zensieren. C.C.V.: Was beschäftigt Sie dabei? T.H.D.: Das Formfinden ist für mich immer wieder eine rätselhafte Sache: Die entstandene Form ist die Lösung, das Rätsel ist das Unbekannte. Ich habe die Antwort, doch was war die Frage? Diese Frage stellt sich immer wieder neu mit jedem Blick in die Welt, der nicht zielgerichtet ist. C.C.V.: Läuft man in dem ganzen Prozess nicht Gefahr, sich zu wiederholen? T.H.D.: Jeder Tag gibt einem die Möglichkeit, sich nicht zu wiederholen. Man muss es trotzdem tun. Kontinuität ist Wiederholung plus Fortbewegung. Die Wiederholung von Schritten macht das Gehen erst möglich. Jeden Tag entsteht ein Stapel Arbeiten. Am nächsten Tag fällt die Entscheidung: akzeptieren oder überarbeiten. C.C.V.: Überarbeiten – heißt das, etwas ungeschehen machen? T.H.D.: Man kann auf einem Blatt nichts ungeschehen machen. Zwar bleibt das Geschehene später für di Betrachter verborgen, doch die Schichten, die Geschichte sozusagen, verraten, dass etwas unter ihnen verborgen ist. C.C.V.: Das Verborgene ist dann für immer verloren... T.H.D.: Ja, Formen werden unter neuen Schichten begraben, so wie die Tage unseres Lebens unter den Wochen und die Wochen unter... C.C.V.: Verlieren die Arbeiten irgendwann für Sie die Bedeutung? T.H.D.: Ich weiß es nicht. Vielleicht brauche ich sie irgendwann tatsächlich nicht mehr. Doch vorerst sammeln sie sich an, verschwinden in Kästen, Stapeln, Regalen. Es sind Kürzel für die vergangenen Tage, Wochen, Jahre. C.C.V.: Das heißt, Sie brauchen sie jetzt noch? Als was? T.H.D.: Meine Arbeiten sind bestenfalls Batterien, aus denen ich wieder Energie zapfen kann. Oder Nährboden: Eine Zeichnung wurzelt. Sie muss wachsen. Die Frucht fällt oft erst nach langem Betrachten heraus. C.C.V.: In vielen Ihrer Arbeiten tauchen eingestempelte oder skizzierte Texte auf. Wo kommen die her? T.H.D.: Die Texte entstammen einer anderen Ebene des Arbeitsprozesses, einer Art beiläufigen Findens, aus Lektüre, aus dem Radio, aus der Erinnerung. Sie stellen einen Zusammenhang mit der Welt der Gedanken her, die in und außerhalb jedes Individuums existieren. Aus der „Nährlösung“, wie es bei Musil heißt, dem Reich des gespeicherten Wissens, aus dem wir ständig zitieren. Im Arbeitsprozess geht mit dem bildnerischen Denken ein verbales einher, das den Prozess nicht reflektiert, – das kann man vielleicht nachher tun –, sondern eher umschwirrt. Aus diesem „mental gossip“ oder „Schwirren der Worte“ fallen zuweilen Sätze aus, die in einem Bild Platz finden können. Sie werden dann zu einem bildnerischen Element. Sie können sich vor das Dargestellte drängen und eine Art Zaun bilden. Wer das Bild betrachtet, wird von ihnen ge- (oder ver-)führt, wer ihnen folgt, verirrt sich bisweilen. So ist das mit den verbalen Konzepten. C.C.V.: Was ist Ihr Konzept? T.H.D.: Es gibt kein Konzept, keine Idee, der Ursprung bleibt im Dunkeln. John Cage sagte: „Alles, was ich weiß, ist, dass ich weitergehen muss“. C.C.V.: Nichts, woran Sie sich halten können? T.H.D.: Das Betrachten der Spur, die ich beim Gehen hinterlasse. Sie ist die einzig verlässliche Linie. |
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cloud
Acryl auf Papier
24 x 29,5 cm 2002 |
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flag
Acryl auf Papier
23 x 28 cm 2002 |
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new shapes for Ireland
Acryl/Bleistift auf Papier
17 x 24 cm 2002 |
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Schöpferspiel
Acryl auf Papier
27 x 21 cm 1999 |
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Stundenglas
Acryl auf Karton
20,5 x 29,7 cm 1995 |
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Doppelt angezapft
Acryl auf Papier
25 x 35 cm 1999 |
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Nirgendwo hingelangen
Acryl auf Papier
21 x 29,7 cm 1995 |
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richtig/falsch
Acryl auf Karton
20,5 x 29,7 cm 1994 |
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Blick zurück
Acryl auf Karton
20,5 x 29,7 cm 1994 |
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Katalog-Download
„Schwarz-weißes Tagebuch"
(pdf 1,5 MB) |
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